Wir sind Euch noch etwas schuldig! Den ausführlichen Test der Quad Revela 2 in der AUDIO. Das Fazit hatten wir Euch ja schon verraten, hier kommt jetzt der komplette Test von Alexander Rose-Fehl zum Nachlesen. Viel Spaß damit…
„Kann laut und leise
Ein Gehäuse der Luxusklasse, drei Wege, vier Treiber pro Kanal und 32 Kilogramm Gewicht: Die knapp einen Meter hohe Quad Revela 2 macht optisch mächtig was her. Und noch dazu
klingt sie auch mächtig.
Vor sieben Jahren, 2016, erschien zuletzt ein neuer Lautsprecher des britischen Traditionsherstellers Quad. Was nicht heißt, dass man dort so lange untätig gewesen wäre. Peter Comeau,
Entwickler-Ikone und „Director of Acoustics“ bei Quad, hat vier Jahre an den beiden Revela Lautsprechern gearbeitet. Nun sind sie fertig. Neben der hier vorgestellten Standbox Revela 2 gibt es noch eine Kompakte mit passendem optionalem Ständer. Sie hört auf den Namen Revela 1 und kostet mit 2.000 Euro pro Paar genau halb so viel wie die Revela 2.
Ahnenreihe
Peter Comeau hat in den letzten Jahren einige erstaunliche Lautsprecher entwickelt, darunter die beiden hervorragenden großen Kompakten Mission 770 (4.500 Euro, AUDIO 7/22 + stereoplay 8/22) und Mission 700 (1.500 Euro, stereoplay 1/23). Daneben stammt auch die mächtige Wharfedale Dovedale (AUDIO 9/23) von ihm, kurz: Der Mann ist der Speaker-Mastermind der IAG. Mit den Quad Revelas möchte der Brite nun den Quad-Leitspruch „The Closest Approach To The Original Sound“ mit Leben füllen. Also eine Annäherung an den Originalklang. Dafür benötigt man gute Treiber, gute Weichenbauteile, ein erstklassiges Gehäuse und gute Ohren. Beginnen wir mit dem Hochtöner, dem wohl spannendsten Treiber der beiden Revelas. Der True-Ribbon, also „Echtes Bändchen“ genannte Treiber ist genau das: ein Bändchenhochtöner. Es handelt sich also um eine Aluminiumfolie, die in einem starken Magnetfeld untergebracht ist und über ihre gesamte Fläche schwingt, wenn Strom fließt, also ein Musiksignal anliegt. Das True Ribbon besteht in ähnlicher Form bereits seit 70 Jahren, hat
aber zahlreiche Entwicklungsschritte vollzogen. Insbesondere in den letzten vier Jahren steckten Comeau und sein Team viel Arbeit in die Abstimmung und Verbesserung des Hochtöners. Der größte Vorteil dieser eher kostspieligen Technik: Die Masse des 27 × 60 Millimeter großen Treibers beträgt etwa ein Zehntel der eines Kalottenhochtöners. Das sollte theoretisch zu einer besonders hohen und sauberen Auflösung führen. Quad verspricht darüber hinaus Sanftheit und Durchhörbarkeit, also klassisch audiophile Tugenden
Papier und Kunstfasern
Nicht weniger Aufwand floss in die Mittel-und Tieftöner (1 × 15 cm, 2 × 16,5 cm), deren Membranen hier aus demselben Material gefertigt werden. Dieses hört auf den Namen „Reveal“, also Enthüllen, und besteht aus Papier sowie synthetischen Fasern. Die Entwickler wollen sich so die tollen Klangeigenschaften von Papiermembranen – gerade im Mittelton – zunutze machen, die Membran aber durch Kunstfasern weiter bedämpfen und stabiler machen, ideal für Bässe. Im Vergleich mit einer reinen Papiermembran sollen die Resonanzen geringer ausfallen und die Kontrolle im Bass zulegen. Dazu tragen dann auch die neu entwickelten Treiber-Einspannungen bei. Die aufwendige Frequenzweiche arbeitet nach dem „Acoustical-Butterworth“-Prinzip. Dabei bilden Frequenzweiche und Chassis zusammen akustisch ein Butterworth-Filter dritter Ordnung. Neben modernen Computerprogrammen sind in der Entwicklung aber
vor allem auch die Ohren der Entwickler beteiligt, die in vielen, vielen Stunden des Musikhörens den Feinschliff vornehmen. Die Einsatzbereiche von Mitteltöner und Hochtöner werden von der Frequenzweiche mit 650 Hertz beziehungsweise 3,8 kHz festgelegt.
Hörtest
Die Erwartungen an einen Standlautsprecher für 4.000 Euro sind naturgemäß hoch. Vermutlich umso mehr, wenn das Äußere bereits einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Nach den ersten Minuten entschieden wir aber, der Box – und uns – noch einen weiteren Tag Einspielzeit zu gönnen. Es klang doch etwas dumpf und verhangen. In der zweiten Runde hatte sich das Klangbild schon deutlich aufgelockert. Nach einigen Verstärkertests blieben wir mal wieder beim Exposure 3510 hängen (siehe AUDIO 8/22 und stereoplay 11/21), einem unserer vielbeschäftigten Arbeitsgeräte. Nun klang die Quad Revela 2 zwar immer noch voll und rund, aber im Bass straffer als etwa mit einem deutlich kostspieligeren Luxman. Manchmal kommt man mit günstigeren Geräten weiter als mit weniger günstigen … Alice Coopers „Under My Wheels“ in der frisch remasterten Version (Rhino) klang über die Revela 2 dann auch entsprechend authentisch. Das Ausschwingen der E-Bass-Saiten am Anfang war ein Traum, und mit ihrem satten Bass- und Oberbass drückte die Box auf die Spaßtube und servierte diesen Klassiker der 70er-Jahre mit Spielfreude und Druck. Rock-Freunde dürften sich hier also schnell zu Hause fühlen. Auch Pop der 80er kam mit der Quad sehr gut, etwa Falcos „Kommisar“, der etwas ungewohnt Rhythmisches bekam, oder „Nur geträumt“ von Nena, mit diesen herrlichen Keyboard-Einlagen. Hip Hop („O.P.P.“ von Naughty By Nature) klang jedoch unten viel zu dick, da half auch die tolle rhythmische Note nicht viel. Jazzpianist McCoy Tyner nahm mit „Sahara“ ein durchaus forderndes Album auf, das es unter anderem als SACD aus dem Hause MFSL gibt, die wir in unserem Technics SL-G700M2 laufen ließen. Und keine Frage: „Ebony Queen“ ist hier in guten Händen, nahm die Abstimmung der Revela der Musik doch etwas das Anstrengende. Nervosität im Klangbild gab es hier schlicht nicht. Der natürlich spielende Hochtöner gab im Verbund mit den anderen Treibern auch komplexere Passagen gut durchhörbar wieder. Allerdings dürfte erfahrenen Hörern nicht entgehen, dass der Lautsprecher im Mittel-Hochton nicht perfekt frei spielt. Im Bereich zwischen 2 und 10 kHz liefert er einfach etwas weniger Energie als eine zum Vergleich herangezogene, uns bestens vertraute Mission 770. Hier ging es etwas zurückhaltend zu, dafür jedoch kann man der Revela 2 auch lange zuhören, ohne zu ermüden. Bühne und Abbildung waren hingegen tadellos und die Box hatte ohne Zweifel eine besondere Stärke: Sie machte auch bei sehr geringen Pegeln Spaß. Man kann mit der Revela 2 wunderbar leise hören, die Musik bleibt vollständig. „Red Rabbits“ von den Shins bot auch so ein großes Klangbild mit einer wunderbaren Atmosphäre. Wer an seinem Verstärker Klangregler für die Bässe und Höhen hat, kann aber ohne Probleme ein bis zwei Klangpunkte mehr aus diesem Lautsprecher herausholen.
FAZIT: Quads Revela 2 ist eine ungewöhnliche Box. Zum einen ungewöhnlich gut verarbeitet. Die Übergänge und Rundungen sind schlicht perfekt, das sieht man selbst bei teureren Lautsprechern nicht mehr viel besser. Andererseits bietet sie einen etwas speziellen Klang. Sie spielt sehr voll und rund und hält sich im Präsenz- und Hochtonbereich etwas zurück. Das macht sie uneingeschränkt langzeittauglich. Klangregler am Amp können aber eine wohltuende Wirkung haben. Andererseits kennen wir nicht viele Lautsprecher, die auch bei kleinen Pegeln noch so komplett klingen und die Musik vollständig, also breitbändig, zum Ohr transportieren. Wenn die Voraussetzungen stimmen, dann kann die Quad Revela 2 ein Traumlautsprecher sein.“