Die Wharfedale Vintage Serien sorgen überall für Begeisterungsstürme. Doch wie schlagen sich die kompakten Aston im Test? Wir berichten…
„Die Briten leben auf einer Insel der Glückseligen, denn sie haben Peter Comeau, einen der besten HiFi-Entwickler der Gegenwart. Der gönnt sich mit der Wharfedale Astoneinen eigenen Sound-Rennwagen – klein, ultimativ und streng limitiert. Wir stellen Ihnen diese neue Kompaktbox nun mit Freude im Likehifi Online Exklusivtest vor.
Her mit den kleinen Engländern
Nicht vom Namen täuschen lassen. Peter Comeau ist kein Franzose, sondern Engländer, ein waschechter noch dazu. So stellt man sich einen Gentleman vor, teetrinkend, entspannt und auf die hohen Werte des British Empire fixiert. Ein Imperium hat er selbst errichtet: Peter Comeau ist seit Jahrzehnten oberster Entwickler für die „International Audio Group“.
Abermals nicht vom Namen täuschen lassen. Auch das hört sich britisch an und baut nach britischer Tradition Lautsprecher und Elektronik, gehört aber den taiwanesischen Zwillingsbrüdern Bernard und Michael Chang. Die beiden sind reich und im besten Sinne auch britisch. Denn sie pflegen einen Spleen, sie sammeln britische HiFi-Marken: Wharfedale, Castle, Mission, Audiolab, Quad. Das hätte man auch alles gern im Portfolio. Peter Comeau gibt hier die Rolle des Ankers, denn er ist als „Director of Acoustic Design“ der oberste Brite im Bund, ethische Instanz, schlicht: das Ohr.
In dieser Rolle darf auch er sich einen Spleen gönnen: Sammlerstücke mit limitierter Auflage, nur für die Kenner des britischen HiFis. So ist die Wharfedale Aston entstanden, ein schmucker Zweiwegler, von dem es nur 500 Pärchen geben wird – weltweit! Die Wharfedale Linton ist der Superheld der Heritage-Serie, unfassbar günstig für ihre Klangpotenz, ein echter Superseller. Hinter diesem Erfolg liegen globale Spielregeln: Peter Comeau hat sich alles in Great Britain erdacht, gemacht wird sie jedoch im Hauptwerk in Shenzhen – ein gigantisches Unternehmen mit über 1.500 Mitarbeitern. Das lässt die Preise purzeln und die Fließbänder rotieren.
Die Wharfedale Aston schert maximal aus. Sie entsteht pur am Firmenstandort in England. In Huntingdon, um genau zu sein. Das ist so etwas wie der Hotspot des britischen HiFis – irgendwo im Nirgendwo, ein Städtchen nördlich von London und Cambridge. Peter Comeau fliegt häufig nach Asien, aber der Mittelpunkt seines Berufslebens ist eben in Huntingdon – wo er faktisch jedes Exemplar der neuen Aston auch per Hand signieren könnte.
Wir ahnen an dieser Stelle den Haken: Das wird teuer, Handarbeit in einem Hochlohnland, feinste Bauteile – und dennoch liegt die Aston „nur“ bei 2.690 Euro das Paar, Ständer inklusive. Das „nur“ haben wir in Anführungszeichen gesetzt, weil manch andere Hersteller von der Insel deutlich höhere Gewinnspannen aufschlagen würden.
Die Aston
Nähern wir uns der Wharfedale Aston von außen nach innen an. Das ist handgefertigtes Echtholzfurnier, streng symmetrisch ausgewählt und perfekt verarbeitet. Die Lautsprecherständer sind nicht nur optisch nett, sondern auch klangimmanent – aus britischem Stahl natürlich, mit extrem hohen Karbonanteil. Daraus könnte man auch einen Rolls-Royce schmieden.
Das sieht alles sehr edel aus, aber mit dem britischen Touch des Understatements. Die Italiener können auch Holzverarbeitung, würden hier aber manche Rundung hinzufügen. Wharfedale hingegen baut „Boxen“ kantig, klar, unaufgeregt. Die Frontbespannung hält magnetisch, in einer kleinen Vertiefung des Gesamtgehäuses – da zeigt sich die Kunst der Holzverarbeitung maximal, jeder Winkel verkündet den Willen zur Perfektion.
Gleich die Frage, ob Peter Comeau den Betrieb dieser Lautsprecher mit oder ohne Frontbespannung empfiehlt. Die ist natürlich im akustischen Zusammenspiel tendenziell neutral, doch der Chefentwickler hat seine Aston ohne gemessen. Vor allem hat er sie gehört: Comeau ist Mann der alten Schule, der Messprotokolle zwar lesen kann, aber bei der Feinabstimmung lieber seinen Ohren vertraut. Ein weiterer Vorteil, wenn wir die Aston „nackt“, eben ohne Frontbespannung betreiben: Wir sehen die bildschönen Chassis.
Blick auf die Details
Die Augen werden zuerst vom Tiefmitteltöner angezogen. Der trägt eine Dust Cap im Phaseplug-Design in seiner Mitte, um ihn herum schwingt eine Karbonfasermembran. Alles eine Entwicklung nur für die Wharfedale Aston. Das Ganze setzt Wharfedale in einen massiven Gusskorb, sechs peinlich genau angezogene Inbusschrauben montieren das Chassis in der Front bündig zur Frontplatte, wieder ein Hochamt der feinen Verarbeitung. Bei 2,3 Kilohertz wandert das Signal zum Hochtöner, der neben der Karbonmembran eher unscheinbar wirkt. Was täuschen kann und im Sinne des Understatements wahrscheinlich auch soll. Auch dies ist eine Neuentwicklung, explizit für die Aston – eine Kalotte bei 25 Millimetern in der Diagonale. Wer die Sprengzeichnung genauer studiert, sieht dahinter einen enorm großen Magnetring, fast überdimensioniert. Das kostet nicht zuletzt auch Geld, auf dem Weltmarkt lassen sich Leichtgewichte sicherlich zu kleineren Preisen bekommen. Wo wir gerade dabei sind: Auch die Sprengzeichnung des Gesamtgehäuses zeugt von Ernsthaftigkeit. Das äußere Kabinett wird aus mehreren Holzschichten aufgebaut, dann ein passgenaues Geflecht aus akustischem Filz, die Weiche wird direkt an die Rückseite gelegt – und im britischen Sinn von „Old Style“ gibt es natürlich nur ein Single-Wiring-Terminal. Das ist gut, aber unaufgeregt-stringent. Bei der Weiche zeigen sich die Briten als Geheimniskrämer und nennen keine Namen großer Zulieferer. Das wird Eigenkost sein, aber mit großformatigen Luftspulen und Polypropylen-Kondensatoren. Ach, nicht vergessen: Natürlich ist das eine Zweiwege-Architektur und natürlich nach dem Bassreflex-Prinzip, mit gleich zwei Öffnungen an der Oberseite der Rückseite.
Unboxing
Das Auspack-Gefühl schafft sofort eine Vertrauensbasis. Die Lautsprecher selbst wiegen pro Seite acht Kilogramm, das ist für die Frontfläche eines DIN-A4-Blatts erstaunlich viel. Die Ständer – eben aus britischem Stahl – können kleine Nervensägen sein: Unbedingt die Aufbauanleitung lesen, die Markierungen beachten und kräftig anziehen. Kann man auch dem Fachhändler überlassen. Aber wer den Job selbst übernimmt, darf es auch als Mix aus vertrauensbildender Maßnahme und kleiner Teezeremonie vor dem ersten Ton nehmen.
Dann am besten leicht, wirklich nur leicht auf den Hörplatz einwinkeln. Entscheidender wird die Wahl des richtigen Verstärkers sein. Mit nominell 86 Dezibel ist der Wirkungsgrad gut, aber ein kleiner Class-A-Verstärker wird unterdimensioniert sein. Röhre ja, aber 25 Watt wären schon gut. Aber vielleicht stellt sich die Frage auch nicht: Im IAG-Verbund hat Quad gerade seine legendäre Vor-/Endkombi 33 und 303 neu aufgelegt. Da wäre man in britischer Tradition und zudem hat auch hier Peter Comeau die Ohren für das Feintuning genutzt. Der Mann ist offenbar unverzichtbar für das Imperium. Und er ist nahbar: Die Chancen stehen gut, dass er auch in diesem Jahr auf der HIGH-END Messe in München Rede und Antwort steht.
Klangeindruck
Was könnten wir ihm zum Klangeindruck seiner Wharfedale Aston sagen? Zuerst, dass wir nicht auf unsere eigenen Vorurteile hereingefallen sind. Das ist zwar ein britischer Lautsprecher, er rangiert zwar in der „Heritage Serie“ aber er ist sicherlich kein alter Herr, kein Relikt aus vergangenen Tagen mit der typisch englischen Abstimmung. Optisch vielleicht ein Mitsurfer auf der Welle der BBC-like-Monitore, aber in der klanglichen Abstimmung auf Dynamik und Ehrlichkeit ausgelegt. Er hat den berühmten „Peng“, er kann direkt auf den Sweetspot zielen und dort eine erstaunliche Energie an die Ohren bringen.
Mit welcher Platte beginnen? Bleiben wir auf der Insel und nehmen den dortig reichsten Musiker – Sir Paul McCartney. Der legt mit lächelnder Beständigkeit seine alten Meisterwerke neu auf. Ganz aktuell „Venus and Mars“ zum 50-jährigen Jubiläum. Ein Album mit seiner handverlesenen Wings-Band und von Giles Martin in den Abbey Road Studios neu abgemischt.
Das ist maximal authentisch, ist Giles doch der Sohn des legendären Beatles-Produzenten George Martin. Gibt es als High-Res-Files, wer aber noch eine Spur authentischer sein will, legt sich die großartige Vinyl-Pressung im Half-Speed-Mastering zu. Mit einer Ballade geht es los, Gitarren links und rechts – alte Schule auch hier. Das passt wunderbar zur Wharfedale Aston Kompaktbox, vier Takte – und der Raum ist abgesteckt, wir erfahren alles über die dynamischen Verhältnisse. Da zeigt sich der Neuling als ernster, strikter Monitor, eines Studios würdig, auf den Punkt genau – und schnell. Die vielen anderen, deutlich teureren BBC-Monitore der Jetztzeit neigen zum Nuscheln – hier nichts davon!
Ohne Unterbrechung leitet Sir Paul zur „Rock Show“ über, es wird deutlich lauter, es rockt eben. Genau diese Feuerkraft, diesen plötzlichen, grobdynamischen Schub feiert die Aston – sie springt vom Studio-Analytiker zum Live-Monitor auf der Bühne. Da hören nicht nur die Trommelfelle mit, sondern auch die Lungenflügel. Erstaunlich für einen so kompakten Lautsprecher.
Peter Comeau trickst nicht, hier spielt er schlicht alle Vorteile des neuen Tief/Mitteltöners aus. Der hat Schub und Hub, die Membran kann ebenso heftig wie beherrscht pulsieren. Zudem ist er halt ein Entwickler mit jahrzehntelanger Erfahrung – unter 50 Hertz gibt es rein messtechnisch wenig Informationen, aber der Oberbass ist da, stolz und kernig, er wirft den psychoakustischen Zauber an, dass wir Tiefbass dazu addieren und meinen, vor einem deutlich größeren Lautsprecher zu sitzen. Clever.
Ein weiterer Faktor, der gefällt und nicht jedem Entwickler gelingt: die beiden Chassis harmonieren perfekt. Das wirkt harmonisch geschlossen, vor allem im Timing und schickt immer wieder diese Hochenergie in Richtung Hörsofa. Aber nicht falsch verstehen: Der Verstärker ist wichtig, er sollte das Tempo stützen, überstark muss er nicht sein, aber stabil auch bei kleineren Watt-Zahlen.
Klassik
Als Gegenwelt etwas Klassik. Dmitri Schostakowitsch war ausgerechnet nach dem gewonnenen Weltkrieg bei der Symphonie mit der machtvollen Nummer neun angekommen. Er verweigerte sich, das ist die kleinste, leichteste, vielleicht auch böswilligste aller seiner Symphonien. Andris Nelsons hat sie live eingespielt, nicht mit „seinem“ Gewandhaus, aber „seinem“ Boston Symphony Orchestra (Deutsche Grammophon).
Die Klarinetten rasen, die Bässe vollführen Pirouetten, alles dreht durch und läuft doch leer. Da versteht man, dass Stalin sich verhöhnt fühlen musste. Nach einer nicht abgesegneten und nach dem Tod des Komponisten erschienenen Biografie rief Stalin persönlich Schostakowitsch tief in der Nacht an und regte eine Neufassung an. Die Schostakowitsch mit zittriger Stimme zusicherte, aber insgeheim auf Stalins Tod wartete. Für HiFi-Freunde gibt es keine schönere Show-Symphonie. Da wird auch die Wharfedale Aston Box zum Zocker. Sie muss kein symphonisches Gebirge stemmen, sondern die vielen Impulse aus der Stereo-Achse schleudern. Und die Aston liefert mit Spielfreude. So akkurat sie sein kann, sie ist sicherlich kein Langweiler – optisch eine Ikone aus scheinbar alten Tagen, klanglich aber ganz weit in die Zukunft gedacht.
Die britischen Kollegen und Fachjournalisten hatten nur einen Kritikpunkt, den sie mit dem typischen Humor des Inselvolks ausspielen. Wir stimmen in der vielleicht wichtigsten Botschaft zu: Die Aston ist auf 500 Pärchen limitiert – es kann sein, dass dies genau Ihr Traumlautsprecher hätte sein können, wenn Sie nur schnell genug gewesen wären. ■ Text: Andreas Günther“
Hier lest Ihr den Original-Test: https://www.likehifi.de/test/test-wharfedale-aston-kompakter-lautsprecher-im-retro-stil-limited-edition/
Die Aston auf den deutschen Wharfedale Seiten: Wharfedale Aston | 2-Wege-System/Standfuß
Die letzten Aston im Shop: Wharfedale ASTON – Exklusive High-End-Kompaktlautsprecher *Made in UK