Carsten Barnbeck vom Fidelity Magazin hat ganz genau hingehört und nicht nur um Gespräch mit WestminsterLab Mastermind Angus Leung neue Einblicke erhalten, sondern auch im Hörtest überraschende Erfahrungen gemacht. Gut, es geht hier um einen Kabelsatz, der bei vielen Lesern den Wert des eigenen Equipment bei weitem übersteigen dürfte, aber trotzdem, oder gerade deswegen, wollen wir Euch diesen Test nicht vorenthalten:
„Solide Kabel sind das A und O in jeder Kette. Sie können eine Anlage in höchste Sphären lupfen oder in tiefste Niederungen stürzen. Manchmal – wenn wirklich alles passt – verstärken sie nicht nur Eigenschaften, sondern lassen deren Prägnanz geradezu explodieren. Willkommen in der Welt von WestminsterLab.
ielleicht sollte ich mal grundsätzlich klarstellen, dass ich mit dem vielzitierten „Komponentenstatus“ von Kabeln nie richtig warm geworden bin. Klar, jede Strippe hat eine Signatur und ihren mehr oder weniger einzigartigen Charakter. Das Problem ist auch nicht, dass ich mich weigere, Unterschiede zwischen den Takelagen zu hören – solche Zeitgenossen soll es ja geben. Im Gegenteil: Während mir die stolzen Entwickler ins Gedächtnis rufen, dass die beste Strippe „keine Strippe“ sei, ein Signal- oder Lautsprecherkabel den Strom idealerweise ohne eigenen Einfluss transportiere, gliedert sich meine persönliche Klangwelt in hellere und dunklere Tönungen, in neutrale, schnelle oder auch mal etwas behäbigere Exemplare. Erlaubt ist, was gefällt, denn selbst ein vermeintlich träges LS-Kabel kann an einem vorlauten Lautsprecher kleine Wunder vollbringen. Strippen sind für mich keine Komponenten, sondern Mörtel in einer Mauer: Sie fügen und halten alles zusammen.
Der Strippensatz von Angus Leung hat mir einmal mehr vor Augen geführt, dass meine Sichtweise vielleicht eine interessante Meinung ist, ganz sicher aber nicht die alleinige oder gar vollständige Wahrheit reflektiert. Leung betreibt seine Manufaktur WestminsterLab als eine Art ambitioniertes Hobby-Projekt. Seine „Daytime“ verbringt er damit, für den in Hongkong ansässigen Digitalspezialisten Lumin zu entwickeln. So stammt die Endstufe „Amp“ maßgeblich aus seiner Feder, und auch bei den hochgelobten Analogabteilungen von Streamern wie dem X1 hatte er seine Finger im Spiel. Sobald er den Lumin-Kittel an den Haken hängt, beginnt für ihn das akribische Tüfteln und Forschen im eigenen Reich. Das besteht aus einer mittelgroßen Garage (in Hongkong ein regelrechter Luxus), in der er an seiner Elektronik feilt – oder an komplexen Kabelkonzepten.
Eine Besonderheit im Schaffen Leungs liegt in dem extremen Maß an Experimentierfreudigkeit und Handarbeit, das seine entsprechend exklusiv bepreisten Manufakturstrippen prägt. Wie er beim Besuch in der Redaktion erklärte, lässt er sich die unterschiedlichen Gold-, Silber- und Kupferstränge sowie alle erforderlichen Schirmungen und Isolationen als Meterware anliefern. Der Weg jeder WestminsterLab-Verkabelung beginnt also damit, dass er seine blank polierten Litzen mühsam in die umgebende Isolation einfädelt und die Einzelleiter anschließend zu einem Kabel verflicht, das seinerseits in einen Mantel kommt. Vielleicht fragen Sie sich, warum er sich das antut. Schließlich greifen neun von zehn Kabelherstellern zu vorgefertigter OEM-Ware und erzielen damit ziemlich anständige Ergebnisse.
Anständig ist ihm allerdings nicht gut genug: Höhere Frequenzen, erklärt mir der detailvernarrte Klangforscher, werden lediglich an der Oberfläche eines Leiters übertragen. Nach seiner Erfahrung sollten die Litzen für maximale Bandbreite und Transparenz daher so unterbrechungsfrei und glatt wie möglich sein. Leung säubert und poliert die zumeist monokristallinen Leiter auf Hochglanz, ehe er sie in passgenaue Teflonmäntelchen einführt. Zudem habe er im Lauf der Jahre herausgefunden, dass jedes Material seine spezifische Signatur mitbringe. Der vielbeschworene „Silber-“ oder „Kupferklang“ sei für ihn kein Mythos, sondern empirisch nachweisbarer Fakt. Um diese unerwünschten Eigenheiten zu eliminieren, probierte er in endlosen Trial-and-Error-Reihen alle denkbaren Legierungen aus. Dabei setzte er nicht nur auf homogen gemischte Metalle, sondern orderte bei seinen Zulieferern auch hybride Leitertypen, die im Inneren das eine, im Mantel ein anderes Material verwenden – hohe, mittlere und tiefe Frequenzen profitieren so von den individuellen Eigenschaften unterschiedlicher Metalle. Dabei entdeckte er eine Schichtlegierung, die er „Autria“ taufte, gewissermaßen die Hausrezeptur von WestminsterLab, die allerdings nicht zwangsläufig allein zum Einsatz kommt. Je nach Kabeltyp fügt er unterschiedlich beschaffene Einzelleiter zu einem „mehr als die Summe seiner Teile“ zusammen.
Einen weiteren neuralgischen Punkt machte Leung in der Verdrillung aus. Da die Umgebungsvariablen hinlänglich bekannt sind, musste er dafür nicht erst aufwendig forschen: Immer wenn Strom durch eine Litze fließt, bildet sich um den Leiter ein elektromagnetisches Feld. Legt man zwei Adern dicht nebeneinander, beeinflussen sich die Magnetfelder gegenseitig, und es kann zum gefürchteten Übersprechen kommen. Als einfachste Lösung bewährte sich das Verdrillen der Einzelleiter. Die elektrischen Felder werden dadurch so zerfasert, dass sie keinen zu bedrohlichen Einfluss mehr entwickeln. Allerdings – kein Licht ohne Schatten – erhöht eine verwundene Geometrie die Kapazität und Induktivität der Strippen. Die Kabel bremsen die Elektronen aus, was dazu führt – wir sprachen bereits davon –, dass sie sprichwörtlich lahmer musizieren. Im schlimmsten Fall wirkt die Strippe dann sogar als Filter für hohe Frequenzanteile.
Wie mir Leung erklärt, probierte er alle denkbaren Kabelanordnungen durch und gelangte im Hörraum zu dem Schluss, dass es grundsätzlich keine Alternative zur Verdrillung gibt. Um deren Klangeinfluss auszuklammern, ließ er sich jedoch einen Kniff einfallen, den er als „Vari-Twist“ bezeichnet: Er rankt seine Kabel nicht nach einem starren Muster, sondern flicht die Einzelleiter nach einer komplizierten Formel mal lockerer, dann wieder straffer und verändert so ständig ihre Winkel zueinander. Das bedingt ein extremes Maß an akribischer Handarbeit, zerfasert das eine große Problem jedoch zu unzähligen winzigen, die am Ende praktisch keine Relevanz mehr haben.
Eine weitere Besonderheit von WestminsterLab liegt in der Schirmung. In der Regel verwenden Hersteller einen Mantel aus Metall, das manchmal als separater Mantel vorliegt, bisweilen aber auch in die umgebende Hülle eingeflochten wird. Das funktioniert ziemlich gut, birgt jedoch abermals einen Nachteil: Die „abgefangenen“ Einstreuungen werden in Strom umgewandelt, der über den Schirm fließt und seinerseits ein schwaches (und dennoch störendes) Magnetfeld erzeugt. Leung vermeidet daher den zusätzlichen Metallschirm und verpackt seine gehobenen Kabel lieber in ein Geflecht aus Kohlefaser. Das bringe eine vergleichbar gute Isolation ohne magnetischen Einfluss und gewähre die maximale Bandbreite. Zudem bleiben seine Strippen herrlich geschmeidig und weich, was das Verlegen und Verkabeln hinter der Anlage zum echten Genuss macht – wer regelrechte Kabelbäume hinter seinem Rack betreibt, wird das zu schätzen wissen. Bei den Steckern und Kontakten setzt WestminsterLab übrigens konsequent auf hochwertig vergoldete Bauteile von Furutech.
Nun aber genug gequasselt. Kommen wir zur klanglichen Wirkung des exklusiven Strippensets. Normalerweise picken wir uns aus Kabelfamilien gern ein Exemplar heraus, das uns besonders gefällt. Das erleichtert den Vergleich zu ähnlichen Exemplaren. In diesem Fall wäre das jedoch kontraproduktiv, da die individuellen Kabel im positiven Sinn eine „unauffällig-neutrale“ Wirkung haben. Wie gewohnt tasteten wir uns im Hörraum die Signalkette entlang: Zunächst tauschte ich die Stromversorgung unserer Testkette gegen die 1,5-Meter-„Ultras“ von WestminsterLab aus. Tatsächlich brachte das an Aaviks I-880 und Luxmans M-10 (der dänische Vollverstärker arbeitete als reine Vorstufe) einen dezenten Gewinn an Plastizität und Abbildungstiefe. Besonders „ordnenden“ Einfluss zeigte hier übrigens das dedizierte Stromkabel, das den X1 mit seinem Netzteil verbindet. Als Mitarbeiter von Lumin hat Leung natürlich an dieses Detail gedacht. Anschließend wechselte ich die NF-Verkabelung vom X1 zum I-880 und von dort zur Endstufe. Der Effekt verblüffte mich: Abermals wirkten sich die Kabel schärfend auf die räumliche Abbildung aus, ließen die superbe Kette an Wilson Audios Sasha DAW greifbarer und tiefer spielen. Wie ein akustisches Vergrößerungsglas arbeitete die Anlage nun jedoch Details aus, die mir beim vorherigen Durchhören verschiedener Titel gar nicht aufgefallen waren: Ein leises Knistern im Intro von Ravels Alborada del gracioso (Espana), ein „frieselndes“ Geräusch unter den ersten Anschlägen von „Anhedonia“ (Chelsea Wolfe & Emma Ruth Rundle), das auf ein kleines Stromproblem im Studio deutet, oder das Atmen zwischen den Strophen von Suzanne Vega im Original von „Tom’s Diner“. All diese Elemente waren freilich auch vorher schon in den Aufnahmen, nun sprangen sie mir aber regelrecht in die Ohren. Im nächsten Schritt – Sie ahnen es schon – folgten die Lautsprecherkabel. Abermals summierten sich die genannten Effekte nicht einfach auf, sondern schienen sich in ihrer Wirkung und Offensichtlichkeit zu multiplizieren.
Ich bleibe dabei: Kabel sind Zubehör, das einer Kette den letzten Schliff oder die Abrundung in eine gewünschte Richtung aufdrückt. Vor allem für Letztgenanntes sind die Strippen von WestminsterLab jedoch völlig ungeeignet. Sie besitzen keine Klangsignatur, sondern transportieren neutral genau das, was da elektrisch durch die Kette strömt. Vor allem im Verbund offerieren sie dabei eine Bandbreite, die ich so bislang noch nicht vernommen habe: Sie möchten herausfinden, ob der Hall einer bestimmten Aufnahme digital erzeugt wurde oder direkt aus dem Aufnahmeraum stammt, wollen hören, ob ein Gitarrist mit den Fingern oder dem Plektrum spielt, und auch die letzte Nuance und Betonung mitbekommen? Dann werden Sie in diesen exklusiven Manufakturkabeln Ihre Erfüllung finden!“
Um Euch die Suche im Netz zu ersparen – die Kabel von WestminsterLab sind in verschiedenen Ausführungen und Längen erhältlich. Das vorgestellte WestminsterLab Ultra Kabelset bestand aus:
WestminsterLab POWER (Ultra)
Länge: 1,5 m
Preis: ab 6100 € (1,5 m)
WestminsterLab POWER X1 (Carbon)
Länge: 0,6 m
Preis: ab 4200 € (0,6 m)
WestminsterLab RCA (Ultra)
Länge: 1,5 m
Preis: ab 5700 € (1 m)
WestminsterLab SPEAKER (Ultra)
Länge: 3 m
Preis: ab 4800 € (1,5 m)
Hier könnt Ihr den Test im Original nachlesen: https://www.fidelity-online.de/westminsterlab-ultra-kabelsatz/?fbclid=IwAR2QXKde3HWhTCfFsDqeLsKbUb5kceg8I0-ltK2ZsJo-tXhArtYck2kHUg4
Hier geht´s zu deutschen WestminsterLab Seiten: https://www.westminsterlab.de/