Ich bin kein großer Kinogänger. Pearl Jam ist eher nicht so mein Ding. Von Baseball habe ich keine Ahnung. Denkbar schlechte Voraussetzungen also, um im Kino einen Pearl Jam Konzertfilm, aufgenommen in einem Baseball Stadion namens Wrigley Field, anzusehen. Aber wenn der beste Freund anruft und sagt „Wir gehen heute ins Kino, Pearl Jam gucken“, dann hat man mit zu gehen. Basta! Das ich nach kurzweiligen zwei Stunden äußerst gut gelaunt das Kino verlassen werde, damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Denn „Two to go“ , so der offizielle Titel des Streifens, ist nicht nur ein Konzertfilm, sondern zugleich eine wunderbare Hommage an die Chicago Cubs, dem in Wrigley Field beheimateten Baseball Team. Einem äußerst erfolglosen Team, denn seit 108 (!) Jahren wartet man dort auf den Gewinn der „World Series“, was, typisch bescheiden amerikanisch, den Gewinn der nationalen Meisterschaft bedeutet. Sogar an einen Fluch glaubte man. Denn einst hatte ein Besucher Tickets für sich und seine Ziege gekauft. Trotz gültiger Karten ließ man ihn nicht ins Stadion, worauf der Besucher sprach: „ Dann werdet ihr nie die World Series gewinnen!“ Dementsprechend heißt die Vereinskneipe auch “ die verfluchte Ziege“. All solche Geschichten erfährt man zwischen den Konzertmitschnitten, in denen auch immer wieder alte Baseball-Legenden der Cubs die Bühne betreten. Insbesondere Sängers Eddie Vedders Liebe zum Verein spürt man jede Minute dieses Filmes. Wo er als 5-jähriger sein erstes Spiel gesehen hat, wie er in einer Pause das gesamte Stadion zum mitsingengen bringt usw. Sogar die Stadionhymne der Cubs „ All the way“ stammt von Pearl Jam. Jede Minute des Films belegt die enge Verbundenheit der Band mit diesem speziellen Ort, dem Wrigley Field. Fans von Pearl Jam kommen genauso zu Wort, wie Fans der Cubs, die Anekdoten aus der langen Vereinsgeschichte zum Besten geben.
2016 erreichen die Cups tatsächlich das Finale und gewinnen nach 1-3 Rückstand die Serie 4-3. Nach 108 Jahren ist der Fluch besiegt! Die Stadt im Freudentaumel. Mich katapultierte das zurück ins Jahr 1990. Ich bin großer Eishockey Fan, mein Team ist die Düsseldorfer EG. Jahrelang hatte ich Dauerkarte und wurde später der DJ, der vor den Spielen die Fans in Stimmung brachte und für gute Laune sorgte. Hoffe ich zumindest. 15 Jahre war der letzte Titel her (lächerlich zu den 108 der Cubs, aber gefühlt ähnlich), die Stadt lechzte nach dem nächsten Titel. Zweimal waren „Wir“ bereits in den letzten Jahren im Finale gescheitert, die Fangesänge „Wer wird niemals Meister, wer wird niemals Meister, D-E-G D-E-G“ trafen mitten in die Fan-Seele. Jetzt der nächste Anlauf, mal wieder gegen die starken Rosenheimer: 2-1 führten wir in der Serie, 2-1 auch der Spielstand in Rosenheim kurz vor Schluß, der Titel zum Greifen nah (3 Siege waren nötig). Die ersten Sektkorken knallten in unserem beachtlichen Gästeblock. Doch dann schlug Rosenheim zurück, dreht das Spiel, gewinnt 3-2. Gibt´s doch nicht, schaffen wir es wieder nicht? Dann das fünfte alles entscheidende Spiel, Showdown am Brehmplatz. Siegessicher kamen die Rosenheimer unter dem Pfeifkonzert der sicherlich 14-15000 Fans, im eigentlich nur 10.500 Zuschauer fassenden Stadion auf Eis. Und dann eine entfesselt spielende DEG, bei der alles, aber wirklich alles klappte. 5-0 hieß es nach dem ersten Drittel, 8-0 nach dem zweiten. Ab dann war nur noch Party, Freude, Ausgelassenheit bis tief in die Nacht. All das war mir auf einmal wieder präsent, als wenn es gestern gewesen wäre. Und das hat diesen Film für mich so besonders gemacht. Bin ich jetzt Pearl Jam Fan? Nein, aber die Band, die Musiker sind mir äußerst sympathisch geworden. Und die Cubs? Die werde ich beobachten und wenn sie wieder ins Finale kommen werde ich Ihnen ganz doll die Daumen drücken! Wer Pearl Jam nicht ganz schlecht findet und sportbegeistert ist, sollte sich diesen speziellen Konzertfilm nicht entgehen lassen !